Second Screen Nutzung: TV First, Smartphone Second?

MuK-Blog für Digital Marketing #29: Second Screen
19. April 2020 Marketing Natives

Ständig online, sogar vor dem Fernseher – immer mehr Menschen greifen neben dem Fernsehen zu ihrem Smartphone, Tablet oder sonstigem. Begrifflichkeiten, den aktuellsten Ergebnissen und Beispielen aus der Praxis widmet sich Larissa Kaiser, Studentin im Bachelorstudiengang Marketing & Kommunikation an der FH St. Pölten, im folgenden Blogartikel.

Versetzen wir uns kurz in folgendes Szenario: Du sitzt alleine oder mit Freunden auf einer Couch und ihr schaut fern. Neben dir griffbereit eine Packung Chips, ein Gläschen zum Trinken, die Fernbedienung… – und dein Smartphone auch? Bei letzterem wärst du definitiv nicht alleine, denn ca. 3 von 4 ÖsterreicherInnen greifen während des Fernsehens zu einem Second Screen, wie zum Beispiel einem Smartphone oder Tablet.

Second Screen oder Parallelnutzung?

Doch was steckt eigentlich hinter der Second Screen Nutzung? Zuerst sollte definiert werden, was der Begriff bedeutet, denn es kursieren viele Synonyme, wie zum Beispiel Parallelnutzung oder Media Multitasking, die oft nicht das gleiche bedeuten.

Prinzipiell kann man zwischen zwei groben Formen der Second Screen Nutzung unterscheiden: Der inhaltsabhängigen Second Screen Nutzung, auch Additional Screening genannt, und der inhaltsunabhängigen Parallelnutzung, dem Non-Additional Screening. Fälschlicherweise werden die beiden Begriffe von Werbern, Agenturen und in Studien häufig als Synonyme verwendet, was zu Verwirrungen führen kann. Der Begriff Second Screen suggeriert die Rangordnung, dass der Fernseher der First Screen ist und der kleinere zweite Bildschirm lediglich ein Zusatz zum ersten ist – aber ist dem wirklich so? Oder muss man die Aktivitäten auf dem „Second“ Screen doch getrennt von den jeweiligen TV-Inhalten betrachten?

First vs. Second Screen

Tatsächlich ist der Anteil derjenigen, die Informationen zum Fernsehprogramm recherchieren, mit 28% deutlich geringer als der Anteil derjenigen, die auf dem zweiten Bildschirm aktiv auf Social Media sind (51%). Die zweithäufigste Aktivität ist das Instant Messaging mit 44%. Nicht unwichtig für die Werbebranche: Ein Viertel sucht nach Produkten, die sie zuvor in der TV-Werbung oder in einer TV-Sendung gesehen haben – ein Indikator, dass die Werbung und die Produktplatzierungen im TV trotz der geteilten Blicke weiterhin wirkt.

Charakteristika der Second Screen Nutzung

Die Geräte, die parallel genutzt werden, sind verschieden, meist jedoch mobil: 41% nutzen das Smartphone täglich neben dem Fernsehen, 17% den Laptop. Bezieht man auch diejenigen mit ein, die das Smartphone mindestens mehrmals pro Woche neben dem Fernsehen nutzen, so kommt man auf 64% – also fast zwei Drittel der Erwachsenen zwischen 15 und 59 Jahren.

Unabhängig vom Gerät: Bei 100 Minuten Fernsehen entfallen 87 Minuten auf den Fernseher, 13 Minuten werden auf einen zweiten Bildschirm geschaut. Am meisten Bildschirmzeit mussten die Fernsehgeräte während der Werbepausen einbüßen – bis zu 21% der Dauer der Werbepause werden die Blicke dem kleineren Second Screen zugewandt. Während Fernsehserien werden 15% der Zeit dem Second Screen gewidmet, während Filmen nur 12%. Es kommt also ganz auf das TV-Format an, wie viel man zum Beispiel auf seinen präferierten zweiten Screen blickt.

 

Abbildung 1: Anteil der Parallelnutzung an der TV-Sehdauer pro Sendung | Quelle: Gfk/Google: https://www.thinkwithgoogle.com/intl/de-de/marketingkanaele/youtube/zunehmende-parallelnutzung-von-tv-online/

Langweiliges TV, interessantes Internet

Warum reicht den Menschen nicht nur das einfache Fernsehen? Gefällt ihnen nicht, was sie sehen? Tatsächlich: 49% gaben an, das Internet parallel zum Fernsehen zu nutzen, weil die Inhalte langweilig sind oder weil sie sie nicht interessieren. Außerdem sagten zwei Drittel, dass es ihnen Spaß macht. Generell gilt: Es sind eher die jüngeren, die öfter zum zweiten Bildschirm greifen. Sie sind mit dem Internet aufgewachsen. Ca. 7 von 10 (69%) der 15 bis 29-Jährigen in Österreich könnten auf das Internet nicht verzichten – ein Wert, von dem die TV Branche mit 14% nur träumen kann.

Was bedeutet das alles für die Werbebranche?

Eines ist klar: Mit den heutigen Technologien können TV-Kampagnen mit Onlinekampagnen verknüpft und zeitlich abgestimmt werden. Es ist sogar schon möglich, genau auf einzelne Spots zu targeten und ein Werbemittel direkt auf dem Smartphone oder Tablet auszuspielen und dadurch dem Verlust von Werbewirkung durch den Second Screen entgegenzuwirken. Purpur Media bietet beispielsweise eine Software an, mit der – eigene oder die der Konkurrenz – TV Spots bei der Ausstrahlung identifiziert werden, woraufhin ein Signal an den AdServer gesendet wird und in weiterer Folge ein Werbemittel innerhalb von 20 Minuten auf dem Second Screen ausgespielt wird. Auch United Internet Media bietet gemeinsam mit dem Partner Spotwatch ein ähnliches Tool für Werbetreibende an. In einer von ihnen durchgeführten TV- und online synchronisierten Kampagne – synchronisiert auf Mitbewerberspots – konnten sie feststellen, dass die gestützte Markenbekanntheit stärker zunahm, als bei einer Mobile Only Kampagne. Außerdem stiegen die Sympathiewerte und die Handlungsabsicht, in den Shop zu gehen, an.

Conclusio

All diese Ergebnisse zeigen, dass Second Screen Nutzung mittlerweile keine Außergewöhnlichkeit mehr ist, sondern eher zur Normalität geworden ist. 3 von 4 ÖsterreicherInnen nutzen einen zweiten Bildschirm parallel zum Fernsehen. Die Gründe sind verschieden, aber klar ist: Die geteilte Aufmerksamkeit auf zwei Bildschirmen bedeutet eingeschränkte Werbekontakte und niedrigere Werbewirkung – außer man verbindet die beiden Kanäle über Echtzeit-Synchronisierung und macht daraus ein großes Ganzes. Second Screen Nutzung sollte für die Branche also kein „Problem“ sein, sondern eher eine Herausforderung, aus der auch profitiert werden kann.

 

 

Autorin: Larissa Kaiser

Über Larissa: Derzeit befindet sie sich im 5. Semester des Bachelorstudiums „Marketing & Kommunikation“ an der FH St. Pölten. Ihr Berufspraktikum wird sie in der strategischen Kundenberatung einer Mediaagentur in Wien absolvieren.

 

 

Autorin: Barbara Klinser-Kammerzelt

FH St. Pölten
FH-Dozentin im Bachelor Marketing & Kommunikation, Master Digital Marketing & Kommunikation
Lehrgangsleitung Werbung & Markenführung

 

 

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Quellen:

GfK/Google (2017): Parallelnutzung von TV und Internet in Deutschland. Abgerufen unter:
https://www.thinkwithgoogle.com/intl/de-de/marketingkanaele/youtube/zunehmende-parallelnutzung-von-tv-online/ (Stand: 25.10.2019)
Johnen, Marius; Stark, Birgit (2015): Wenn der Fernseher nicht mehr ausreicht:
Eine empirische Analyse der Second Screen-Nutzung, in: Bartsch, Anne; Hastall,
Matthias; Neuberger, Christoph; Raupp, Juliana (2015): Studies in Communication |
Media, Vol. 16, Iss. 4, S. 381-390.
Mindshare GmbH & Co KG (2016): Mindshare Minutes Parallelnutzung. S.3-14,
bezogen unter:
https://www.mindshareworld.com/sites/default/files/MindMinutes_Parallelnutzung_KW45_16_2.pdf, Stand 25.10.2019.
Purpur Media (2018): Purpur Media ermöglicht synchrone Ausspielung von Mobile Ads zu laufenden TV-Kampagnen. Abgerufen unter: https://www.purpur.media/purpur-media-ermoeglicht-synchrone-ausspielung-von-mobile-ads-zu-laufenden-tv-kampagnen/, Stand 06.11.2019
SevenOne Media (2014): Research Flash No.28. Werbewirkung bei
Parallelnutzung. Ergebnisse einer quantitativ-qualitativen Grundlagenstudie, S.7-14,
bezogen unter:
https://www.sevenonemedia.de/documents/924471/1111580/Research+Flash+28+Werbewirkung+bei+Parallelnutzung/3f916e2b-33fd-96b5-3aac-1082abda5a84?version=1.0, Stand: 25.10.2019.
Spotwatch (o.J.): TV-Triggering – TV-Kampagnen in Echtzeit mit (Online-)Marketing-Maßnahmen synchronisieren und die Reichweite effizient verlängern.
Bezogen unter: https://spotwatch.io/tv-triggering/ ,Stand: 25.10.2019.
United Internet Media (2017): Kampagnenausspielung parallel in TV und Online. Wie expert durch Echtzeit-TV-Synchronisation seine Werbe-Effekte deutlich optimieren konnte. Bezogen unter: https://www.united-internet-media.de/fileadmin/uim/media/home/downloadcenter/best%20cases/branding/UIM_Fallstudie_expert_TV_Synchronisation_2017_final.pdf, Stand 06.11.2019
Wegener, Claudia (2015): Vom Second-Screen zum Multi-Screen. Eine qualitative Analyse neuer Formen der Mediennutzung. In: Schorb, Bernd/
Theunert, Helga (Hrsg.): Medien & Erziehung. 4/15. München: JFF Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis. S. 42-49.

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