Live-Shopping

MuK-Blog für Digital Marketing #66: Das Aus für Live-Shopping auf Social Media in Europa und die Folgen
11. Mai 2024 Marketing Natives

Meta stellt Live-Shopping ein: Was dies für die Branche bedeutet

In China boomt das Geschäft des Einkaufens via Livestream. Gleichzeitig hat Meta kürzlich angekündigt, Live-Shopping auf seinen Plattformen in Europa und Amerika wieder einzustellen. Diese Entscheidung wirft wichtige Fragen auf, insbesondere im Vergleich zu dem florierenden Geschäftsmodell in Asien. Während Live-Shopping in China und anderen asiatischen Ländern erfolgreich etabliert ist, hat der Westen bisher nur wenig Interesse gezeigt. Wieso funktioniert Live-Shopping in China so gut und wieso bei uns nicht? Dieser Frage widmen sich Victoria Kern und Katharina Mardjetko, Student:innen des Bachelorstudiums Marketing und Kommunikation an der Fachhochschule St. Pölten.

Innovatives Einkaufen: Livestream-Commerce erobert China

Im Jahr 2016 wurde in China ein innovatives Konzept namens Livestream-Commerce eingeführt. Dieses Konzept vereint Live-Videostreaming und Online-Shopping. Die Entstehung dieser neuen Einkaufsform ist auf die weite Verbreitung von Smartphones und die allgegenwärtige Verfügbarkeit von Online-Zahlungsmethoden zurückzuführen. Millionen chinesischer Verbraucher:innen waren von dieser innovativen Einkaufserfahrung begeistert. Seit seiner Einführung hat der Livestream-Commerce eine bedeutende Entwicklung durchlaufen. Dies wurde durch den Aufstieg von Influencer:innen, die Einführung innovativer Funktionen und einen Popularitätsschub, der durch die Covid-19-Pandemie ausgelöst wurde, vorangetrieben. Der Live-Shopping Trend ist dementsprechend als festes Format in China etabliert, denn im Jahr 2022 wurden rund 750 Millionen Nutzer:innen über Livestream Shopping erreicht.

Live-Shopping vs. Tele-Shopping: Interaktivität, Nähe und Echtzeitpräsentation

Fälschlicherweise wird Live-Shopping oft nur als eine abgewandelte Form des Tele-Shoppings bezeichnet. Im Gegensatz zum traditionellen Tele-Shopping wird das Live-Shopping jedoch nicht im Fernsehen übertragen. Stattdessen nutzen Händler: innen oder Influencer:innen unternehmenseigene Webseiten, Apps oder soziale Plattformen. Anders als im klassischen Tele-Shopping punktet Live-Shopping mit Nähe und Interaktion: Interessierte Kund:innen können bei den Streams nicht nur zusehen, sondern sich im Live-Chat mit den Hosts der Shows austauschen und Fragen stellen. Weiters werden Produkte in einer entspannten Atmosphäre vor der Kamera präsentiert, ähnlich wie es beim Tele-Shopping der Fall ist. Influencer*innen stellen die Produkte in Echtzeit über Live-Streams vor und bieten sie zum Verkauf an. Diese beworbenen Artikel können direkt im Stream auf der Website oder einer Social-Media-App erworben werden, ohne dass die Website der Händler:innen besucht werden muss.

Auch in Europa haben immer mehr Unternehmen den Trend des Live-Shoppings aufgegriffen; Beispiele dafür sind Ikea, Nespresso oder Bipa. Jedoch ist der Live-Shopping-Markt in Europa nicht so erfolgreich wie in Asien.

Der Erfolg von Live-Shopping in Asien und warum der Westen hinterherhinkt

Die Live-Shopping-Phänomene manifestieren sich in Asien und im Westen auf unterschiedliche Weise. So führten auch Facebook, Instagram und TikTok auf ihren Plattformen eine Funktion für Live-Shopping ein – und haben diese erst kürzlich wieder abgeschafft. Der Grund dafür: zu wenig Interesse und zu niedrige Gesamt-Commerce-Umsätze.

In Asien sind Live-Shopping Apps die Haupttreiber, während im Westen der Schwerpunkt auf sozialer Interaktion auf den Plattformen liegt. Dieser kulturelle Unterschied hat erheblichen Einfluss auf die Akzeptanz dieses Konzepts. Auch der Stil der Liveshopping-Umgebung stellt in der westlichen Welt für Marken und Follower:innen eine ungewohnte Umgebung dar, was die Anpassung erheblich erschwert.

Das bevorstehende Video gewährt Ihnen einen detaillierten Einblick hinter die Kulissen, damit Sie hautnah miterleben können, wie die Produktion einer Live-Streaming-Show in China abläuft.

Abbildung 1: Die Produktion einer Live Streaming Show in China – Einblicke hinter die Kulissen.  

https://www.youtube.com/watch?v=6cA6pRvA3ZM 

Besonders in China sind Live-Shopping Apps wie Taobao Live, WeChat und Douyin (Chinas TikTok) äußerst beliebt. Sie haben deutlich gemacht, dass Livestream-Shopping ein beliebtes Geschäftsmodell von Unternehmen darstellt und Akzeptanz bei den Nutzer:innen erfährt. Auch in den USA wurde die COVID-19-Pandemie als Gelegenheit gesehen, Live-Shopping zur Steigerung der Online-Einzelhandelsumsätze zu nutzen. Dennoch kann man den Einzelhandel in Europa nicht mit jenem in China vergleichen. In Europa dominiert nach wie vor der stationäre Handel und die Menschen bevorzugen ein persönliches Einkaufserlebnis. In Österreich entfielen 2020 88,7 Prozent aller Einzelhandelsausgaben auf den stationären Handel und der EU-Durchschnitt lag bei 90,2 Prozent. China nimmt eine dominante Position im globalen E-Commerce-Umsatz ein und zählt aufgrund seiner Marktgröße und Innovationskraft zu den begehrtesten E-Commerce-Märkten weltweit. Im Bereich des chinesischen Online-Einzelhandels betrug der Gesamtumsatz im Jahr 2021 etwa 2,64 Billionen US-Dollar. Prognosen zeigen eine stetige Zunahme, mit einer erwarteten Steigerung auf knapp 3,99 Billionen US-Dollar bis zum Jahr 2026. Das Online-Shopping-Erlebnis in China ist interaktiv und keineswegs langweilig, sondern digital ansprechend. Deshalb setzt Live-Shopping auf Emotionen und Bindung – etwa zu prominenten Influencer:innen, die in der Regel an den Umsätzen beteiligt werden.

Die Flexibilität des E-Commerce in einer sich schnell verändernden Welt

Meta startete 2020 seine Live-Shopping Initiative, aber schon zwei Jahre später entschied sich das Unternehmen, die Funktion einzustellen und stattdessen verstärkt auf Reels zu setzen. Das unterstreicht die Wichtigkeit für Unternehmen, sich auf Produkte und Funktionen zu konzentrieren, die den Nutzer:innen den größten Mehrwert bieten. Wenn Produkte von motivierten Influencer:innen vor einem breiten Publikum präsentiert werden, fehlt es an einer persönlichen Note im Einkaufserlebnis, was sich negativ auf die Kund:innenbindung auswirken kann. Stattdessen sollten Unternehmen darauf achten, ihre Marke authentisch darzustellen, um die Aufmerksamkeit der Verbraucher:innen zu behalten.

Ein weiterer Punkt, der zum Ende der Live-Shopping-Dienste geführt haben könnte, ist das Meta möglicherweise Schwierigkeiten bei der Monetarisierung und Skalierung des Live-Shopping-Erlebnisses auf seinen Plattformen hatte. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit, in der sich schnell verändernden Welt des E-Commerce auf sozialen Medien flexibel zu bleiben. Es zeigt, dass der Erfolg von Live-Shopping nicht garantiert ist und dass Unternehmen sorgfältig überlegen müssen, wie sie dieses Konzept auf ihren Plattformen umsetzen.

Shoppable Video: eine Alternative?  

Abbildung 2: Beispiel für ein Shoppable Video auf Tiktok https://www.tiktok.com/business/en/solutions/ecommerce/shoppingads  

 

Shoppable Video ist in seiner Definition umfassender als Livestream-Shopping. Es bezieht sich auf jegliche Form von Video, sei es live oder aufgezeichnet, das für Handelszwecke genutzt werden kann. Shoppable Videos ermöglichen eine interaktive Erfahrung, bei der Zuschauer:innen direkt mit den dargestellten Produkten interagieren können.  Durch das Klicken auf Tags oder Links im Video werden Details zu den Produkten angezeigt, und es besteht die Möglichkeit, diese direkt zu erwerben. Es könnte sich um ein Video handeln, das in einer Produkt-Detailseite auf einer Website eingebettet ist, in einem aufgezeichneten Format im Social Media Feed einer Person präsentiert wird oder sogar als tatsächlicher Live-Stream in Instagram Reels erscheint. Die Besonderheit besteht darin, dass das Video zu verschiedenen Zeitpunkten betrachtet werden kann. Anstatt die Aktivitäten eines Livestreams an Social Media Plattformen zu koppeln, empfiehlt es sich für Marken bzw. Unternehmen, Shoppable-Inhalte selbst zu produzieren und sie dann über verschiedene Social Media Plattformen zu verbreiten.

Gemäß Meta folgen ganze 90 Prozent der Nutzer:innen mindestens einem Unternehmen auf einer Social-Plattform. Die Förderung von Shoppable Videos trägt dazu bei, das Einkaufserlebnis auf den Plattformen zu verbessern, die Benutzer:innenbindung zu stärken und neue Möglichkeiten für Marken und Content-Ersteller:innen zu schaffen, die nicht in Echtzeit stattfinden müssen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Live-Shopping in Europa wahrscheinlich keine breite Akzeptanz finden wird. Dies kann auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sein, wie zum Beispiel kulturelle Unterschiede oder eine gewisse Skepsis gegenüber den beworbenen Produkten. Allerdings zeichnet sich Shoppable Video als vielversprechende Alternative ab. Die Integration von Einkaufsmöglichkeiten in Videos bietet eine ansprechende und nahtlose Erfahrung für Verbraucher:innen. Shoppable Videos könnten somit eine erfolgreiche Strategie sein, um das Interesse der europäischen Verbraucher:innen zu wecken und gleichzeitig ihre Vorlieben und Bedenken zu berücksichtigen.

 

 

Victoria Kern schließt im Sommer 2024 ihr Bachelorstudium „Marketing & Kommunikation“ an der FH St. Pölten ab.

 

 

 

Katharina Mardjetko schließt im Sommer 2024 ihr Bachelorstudium „Marketing & Kommunikation“ an der FH St. Pölten ab.

 

 


 

Autorin: Barbara Klinser-Kammerzelt FH St. Pölten FH-Dozentin im Bachelor Marketing & Kommunikation, Master Digital Marketing & Kommunikation Lehrgangsleitung Werbung & Markenführung

 

 

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