Audio Marketing

MuK-Blog für Digital Marketing #57: Audio Marketing
20. August 2023 Marketing Natives

Wie Sound in unserem Gehirn wirkt

Sprache ist eine faszinierende Facette der menschlichen Existenz. Sie ermöglicht uns, unsere Gedanken zu formen, unsere Ideen zu teilen und unsere Emotionen auszudrücken. Wir sind von Sprache umgeben und Stimmen umgeben. Wir hören sie in Podcasts, Hörbüchern oder im Radio. Selbst unser Smartphone hat eine Stimme, mit der sie uns Texte oder Suchergebnisse vorlesen kann. Gleichzeitig gewinnt unsere eigene Stimme an Bedeutung: Dank Smartphones und Smart Speakern wie Amazons Alexa können wir nun per Sprache Geräte steuern, Befehle geben, Fragen stellen und sogar Waren bestellen. Die Art und Weise, wie wir in einer digitalen Welt interagieren, verändert sich. Weg von einer reinen Text- und Bildverarbeitung, hin zur gesprochenen Sprache. Wie genau aber können Werbetreibende von diesen Entwicklungen im Sinne des Audio-Marketings profitieren? Welche Strategien gibt es? Und wie wirken Klänge eigentlich in unserem Gehirn? Diesen Fragen widmet sich Laura Borovansky, Studentin des Masterstudiums Digital Marketing und Kommunikation an der Fachhochschule St. Pölten.

Was ist Audio-Marketing?

Per Definition umfasst Audio-Marketing die Bereitstellung von Inhalten in auditivem Format – wie etwa Sprache, Ton und Musik. Welche Möglichkeiten Werbetreibende beim Thema Audio-Marketing haben, kann in folgenden Kategorien zusammengefasst werden:

Podcasts: In der schnelllebigen Werbeindustrie gelten Podcasts bei weitem als kein neues Phänomen mehr – die ersten Podcast wurden bereits in den frühen 2000ern veröffentlicht. Grundsätzlich versteht man unter Podcast-Werbung werbende Maßnahmen, die in einem Podcast (Audiobeitragsreihe) eingebunden sind.

Audio-Advertising: In dieser Kategorie geht es darum, Audio-Werbeanzeigen auf verschiedenen Plattformen zu platzieren, wie beispielsweise im Radio, auf Streaming-Diensten und in den oben bereits genannten Podcasts.

Voice Search Optimization: Darunter wird eine Reihe von SEO-Techniken verstanden, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Inhalte in den Ergebnissen der Sprachsuche (Voice Search) erscheinen.

Audio-Branding: In dieser Kategorie geht es um die Entwicklung einzigartiger und wiedererkennbarer Audio-Elemente wie Jingles und Klanglogos, um eine starke Markenidentität aufzubauen. Diese Audio-Elemente können in Werbekampagnen, Telefonwarteschleifen oder anderen Marken-Touchpoints eingesetzt werden.

Playlists bei Streaming-Diensten: Durch die Zusammenarbeit mit Musikplattformen oder das Erstellen eigener markenspezifischer Playlists können Unternehmen ihre Zielgruppe auf Streaming-Plattformen ansprechen. Musik bietet eine Möglichkeit, Emotionen zu wecken und eine Verbindung zur Marke herzustellen.

Interaktive Audio-Ads: Interaktive Audio-Formate erlauben es Nutzern, direkt mit der Werbeanzeige über Sprachbefehle zu interagieren. Unternehmen können so eine stärkere Einbindung der Zielgruppe erreichen und die Markenerfahrung personalisieren.

Audio 1: Beispiel für Audio-Branding von Audi; Quelle: https://www.audi.com/ci/en/guides/corporate-sound1/corporate-sound.html
Audio 2: Beispiel 1 für Audio-Advertising für Schweppes ; Quelle: https://vimeo.com/415183799

Die vielschichtige Natur von Sprache und Klang zeigt, dass es im Audio-Marketing keine Einheitslösung gibt. Stattdessen bieten Podcasts, Audio-Werbung, interaktive Audio-Ads und mehr eine breite Palette an Ansätzen. Diese Vielfalt spiegelt wider, wie unsere digitale Kommunikation sich verändert. Die Frage, warum Audio wirkt und wie Werbetreibende davon profitieren können, wird in den nächsten Absätzen behandelt.

Warum Audio wirkt

Dass Audio-Content längst kein Hype mehr ist, sondern bereits zum Mainstream gehört, zeigt unter anderem eine deutsche Onlinestudie von ZDF und ARD. Aus der Studie geht hervor, dass sowohl Podcasts als auch Livestreams von Radioprogrammen regelmäßig von 42% der Deutschen genutzt werden. Warum Audio so erfolgreich ist, liegt auf der Hand: Podcasts, Radio und Voice lassen sich unkompliziert in den Alltag integrieren: Während das Informationsbedürfnis durch einen Podcast gestillt wird, kann nebenbei gekocht, gesportelt oder sogar gearbeitet werden. Das Stichwort lautet Background Listening. Damit hat Audio den gesamten Tag über exklusiven Zugang zur Lebenswelt der Konsument:innen.

Abbildung 3: Audio im Internet, Quelle: https://www.ard-zdf-onlinestudie.de/files/2022/ARD_ZDF_Onlinestudie_2022_Publikationscharts.pdf

Eines dürfen wir aber nicht vergessen: Der Gatekeeper, der über den Erfolg einer Marke beziehungsweise einer Kampagne im Audio-Marketing entscheidet, ist unser Gehirn. Genauer gesagt unser auditives Gedächtnis, dass für die Speicherung und Reproduktion von Gehörtem verantwortlich ist.

So funktioniert Sound in unserem Gehirn

Bis zum heutigen Tag weiß die Wissenschaft schon einiges darüber, wie wir hören, das Gehörte verarbeiten und uns daran erinnern. Werfen wir gemeinsam einen Blick auf den Prozess des Hörens:  Zunächst dringt der Schall in unsere Ohren ein und erreicht den auditiven Cortex, wo er von verschiedenen Verarbeitungszentren analysiert wird. Diese Zentren erkennen und extrahieren die Elemente des Klangs – wie Tonhöhe, Rhythmus, Klangfarbe und Lautstärke – und fügen sie nur unglaubliche 30 Millisekunden später wieder zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen.

Neueste Erkenntnisse aus der Neurowissenschaft enthüllen, dass Klänge weitreichende Auswirkungen auf verschiedene Zentren unseres Gehirns haben. Tatsächlich beeinflusst Sound nicht nur den auditiven Cortex, sondern übt auch Einfluss auf Bereiche aus, die für Emotion, Gedächtnis und soziale Interaktion verantwortlich sind. Dies erklärt, warum bestimmte Klänge starke Emotionen hervorrufen können, Erinnerungen wecken und sogar unsere soziale Wahrnehmung beeinflussen können.

„Haribo macht…“

Obwohl die Erforschung der auditiven Prozesse in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht hat, verstehen wir noch nicht alle Abläufe vollständig. Interessanterweise zeigt sich jedoch, dass bestimmte Arten von gesprochener Sprache besser im Gedächtnis haften bleiben und leichter reproduziert werden können als andere.

Besonders hervorstechend sind Reime und Namen und Sätze mit einem eingängigen Rhythmus oder einer besonderen Sprachmelodie. Auch Phrasen, die sich besonders gut in die Alltagssprache integrieren lassen, wirken wie ein Turbo für das auditive Gedächtnis. Die besten Beispiele dafür sind etwa „Haribo macht …“ oder „Quadratisch, praktisch, …“ oder „Willst du viel, spül mit …“. Der Grund dafür liegt in der Art und Weise, wie unser Gehirn Informationen verarbeitet.

Der Grund dafür liegt in der Art und Weise, wie unser Gehirn Informationen verarbeitet. Wiederholende Muster, melodische Strukturen und leicht merkbare Ausdrucksweisen werden von den Verarbeitungszentren im Gehirn bevorzugt behandelt und in unserem Langzeitgedächtnis verankert. Dies erklärt, warum sich beispielsweise Ohrwürmer oder berühmte Zitate so hartnäckig in unserem Gedächtnis festsetzen.

Die gezielte Verwendung dieser stilistischen Mittel kann also dazu beitragen, dass Informationen besser im Gedächtnis bleiben und leichter abrufbar sind. Dies ist ein wertvolles Instrument für Kommunikatoren und Content-Ersteller, die ihre Botschaften effektiver vermitteln und langfristige Eindrücke bei ihrem Publikum hinterlassen möchten.

Voice Marketing

Warum diese Entdeckungen heute aktueller denn je sind, zeigt uns das Voice Marketing. Reime und kurze Werbelieder waren schon seit den Anfängen der Werbung beliebt, um Marken im Gedächtnis zu verankern. Damals war diese Verankerung wichtig, weil man beim Kaufmann nach den Waren fragen musste – und dass idealerweise durch spontane Erinnerung und mit korrekter Aussprache. Mit der Zeit änderte sich das Einkaufsverhalten und Waren konnten einfach per Mausklick im Online-Shop bestellt werden. Doch jetzt bringen Sprachassistenten die mündliche Verkaufssituation zurück.

Im Voice-Marketing ist Audio-Werbung entscheidend, da das Gehörte besser erinnert wird. Es ist wichtig, nicht nur den Namen der Marke oder des Produktes, sondern auch relevante Assoziationen zu vermitteln. Der Grund dafür: Generische Attribute führen zu unspezifischen Suchergebnissen – ob meine Marke damit gefunden wird oder nicht, ist Glückssache. Das zeigt, wie wichtig tief verankerte Verknüpfungen im auditiven Gedächtnis sind.

Wie Domino’s Pizza Voice Marketing für sich nutzt

Wie es Marken gelingen kann, Voice Marketing für sich zu nutzen, zeigt Domino’s Pizza als beeindruckendes Beispiel. Domino’s Pizza hat die Art und Weise, wie Kunden ihre Bestellungen aufgeben, durch Voice Marketing revolutioniert. Die Einführung eines virtuellen Assistenten namens „Dom“ im Jahr 2014 ermöglichte es Kund*innen, Bestellungen bequem per Sprachbefehl aufzugeben, ohne auf Bildschirme schauen oder Zahlungsinformationen eingeben zu müssen.

Dieser Schritt markierte den Beginn einer wegweisenden Entwicklung im Voice Marketing. Im Jahr 2016 führte Domino’s die Möglichkeit ein, Pizzen direkt über Amazon Alexa zu bestellen. Die Auswirkungen waren signifikant: Bis Ende 2016 entfielen rund 20% der Domino’s-Verkäufe auf Bestellungen über Sprachassistenten wie Alexa, und der Gesamtumsatz aus weltweiten digitalen Verkäufen erreichte beeindruckende 5,6 Milliarden US-Dollar.

Domino’s hat Voice Marketing kontinuierlich weiterentwickelt, indem es sich auf Plattformen wie Google Home, Apple Watch, Twitter, Facebook Messenger und Samsung Smart TV integrierte. Die Erfolgsgeschichte von Domino’s Pizza zeigt, dass Voice Marketing nicht nur Bequemlichkeit bietet, sondern auch das Kundenerlebnis transformiert.

Quellen

Die Auswirkungen von Geräuschen auf das menschliche Gehirn. (2019, November 8). Abgerufen von https://www.axis.com/blog/secure-insights-de/die-auswirkungen-von-geraeuschen-auf-das-menschliche-gehirn/

Engel, D. (2022). Audio Marketing: Die Wiederkehr des Ohrwurms – HORIZONT. Abgerufen 23. Juli 2023, von https://www.horizont.net/marketing/kommentare/audio-marketing-die-wiederkehr-des-ohrwurms-199399

Grewal, R., Gupta, S. & Hamilton, R. (2021). Marketing Insights from Multimedia Data:  Text, Image, Audio, and Video. Journal of Marketing Research, 58(6), 1025–1033. http://doi.org/10.1177/00222437211054601

Gunderson, M. (2020, April 14). How Domino’s Pizza Changed the Way Consumers Order Food – Respond Fast Domino’s Pizza and the Voice-Ordering Revolution. Abgerufen von https://respondfast.com/2020/04/14/how-dominos-pizza-changed-the-way-consumers-order-food/

Juviler, J. (2022, Juni 6). How and Why to Optimize Your Website for Voice Search in 2022. Abgerufen 24. Juli 2023, von https://blog.hubspot.com/website/voice-search-optimization

Leiterer, J. (2018, Juli 5). So effektiv ist Sound Branding. Abgerufen 30. Juli 2023, von https://www.springerprofessional.de/markenfuehrung/medien/so-effektiv-ist-sound-branding/15853566

Neun gute Gründe für Radio und Audio. (o. J.). Abgerufen 26. Juli 2023, von https://rms.de/audio-und-radiowerbung/gruende_fuer_audio

Sonic Sciences & Spotify. (2021). Sonic Science: So reagiert dein Gehirn auf Sound. Abgerufen 24. Juli 2023, von https://ads.spotify.com/de-DE/news-und-insights/sonic-science/

Spangardt, B., Herget, A.-K. & Schramm, H. (2019). Musik in der Werbung. In H. Schramm (Hrsg.), Handbuch Musik und Medien: Interdisziplinärer Überblick über die Mediengeschichte der Musik (S. 187–212). Wiesbaden: Springer Fachmedien. http://doi.org/10.1007/978-3-658-21899-7_7

ZDF, ARD & ANKORDATA. (2022). ARD/ZDF-Onlinestudie 2022. Abgerufen von https://www.ard-zdf-onlinestudie.de/files/2022/ARD_ZDF_Onlinestudie_2022_Publikationscharts.pdf

Autor:innenbeschreibung

Autorin: Laura Borovansky schließt im Sommer 2024 ihr Masterstudium „Digital Marketing & Kommunikation“ an der FH St.Pölten ab.

 

 

 

Autorin: Barbara Klinser-Kammerzelt FH St. Pölten FH-Dozentin im Bachelor Marketing & Kommunikation, Master Digital Marketing & Kommunikation Lehrgangsleitung Werbung & Markenführung

 

 

 

Disclaimer: Namentlich gekennzeichnete Beiträge wie dieser hier geben die Meinung des jeweiligen Autors und nicht immer die Meinung des Anbieters wieder

 

The Community for Young Marketers in Austria. Join us!