Retail Media

MuK-Blog für Digital Marketing #53: Retail Media
9. Juni 2023 Marketing Natives

Wenn Werbung und Shopping eine Liebesbeziehung eingehen.

Die strategische Verbindung von Einzelhandel und Werbung ermöglicht es Unternehmen, gezielte Botschaften und Werbeinhalte genau zur richtigen Zeit und am richtigen Ort zu platzieren. Im Mittelpunkt steht die Schaffung eines nahtlosen und personalisierten Einkaufserlebnisses, das sowohl für Einzelhändler als auch für Verbraucher von Vorteil ist. Klingt nach Marketing-Träumerei? Retail Media hat das Potenzial, die Art und Weise, wie Unternehmen mit ihren Kund:innen interagieren, grundlegend zu verändern. Der Frage, wie das funktionieren kann, widmet sich Laura Borovansky, Studentin des Masterstudiums Digital Marketing und Kommunikation an der Fachhochschule St. Pölten.

Was ist Retail Media und wer macht es?

Wer Wörter wie Amazon, Otto oder E-Bay hört denkt zuerst einmal ans Shoppen. Und erst in einem zweiten Schritt an Werbung. Dabei entwickeln sich wenige Marketing Trends so rasant wie dieser. Aber was ist Retail Media überhaupt? Einordnen kann man Retail Media irgendwo zwischen E-Commerce und Marketing. Konkret bezieht sich der Begriff auf Werbemaßnahmen, die in Einzelhandelsumgebungen stattfinden. Umfasst sind hier sowohl Regaldisplays und digitale Bildschirme wie auch verschiedene Werbemöglichkeiten in Apps und Online-Shops von Retailern. Marken und Hersteller können ihre Kunden also direkt am Point of Sale ansprechen und ihre Sichtbarkeit im „digitalen Schaufenster“ erhöhen. Plattformanbieter wie Amazon, Otto oder AboutYou bieten dafür unterschiedliche Werbemöglichkeiten und Formate an. Das reicht von Onsite, also innerhalb der eigenen Plattform, bis hin zu Offsite zum Beispiel über CTV (connected TV) oder sogar im (Digital) Out-of-Home Bereich.

Abbildung 1: Beispiel für Retail Media auf Amazon – Ad für Penaten Store
Quelle: Screenshot Amazon-Suche „Baby Care“ am 27.05.2023

 

Wenig überraschend hat liegt das größte Stück vom Retail Media Kuchen bei Amazon. Mit einem Marktanteil von über 50% in Europa und einem Umsatz von 3.442,74 Millionen U.S Dollar weltweit ist Amazon der klare Marktführer. Branchenexperten rechnen damit, dass die eingesetzten Budgets hier in den kommenden Jahren signifikant ansteigen werden. Dass soll vor allem auf Kosten von Google Search passieren. Bereits beobachten kann man diese Verschiebung in den USA. Im Segment der Verbrauchsgütern wandert bereits mehr als die Hälfte des Search Budgets zu Amazon

Abbildung 2: Führende Digital Retail Media Netzwerke für den Einzelhandel in Europa 2022, nach Marktanteil
Quelle: Statista & IAB Europe, 2022

Aber warum?

Aber warum ist Retail Media gerade jetzt so ein heißes Thema im Online-Marketing? Warum prognostiziert der IAB Europe in einer Studie Werbeausgaben in Europa in der Höhe von 11,9 Milliarden Euro für Digital Retail Media – die bis 2026 sogar auf 25,1 Milliarden Euro steigen sollen? Warum nutzen in den USA bereits 80 % der Werbetreibenden derzeit neben Amazon mindestens ein weiteres Retail Media Network? Diese Entwicklungen lassen sich im wesentlichen an folgenden Punkten festmachen:

  1. 2/3 der Online-Produktsuchen beginnen auf Retailer-Websites

Bereits seit mehreren Jahren ist erkennbar, dass Kund:innen ihre Einkäufe zunehmend vom stationären Handel in den E-Commerce verlegen. Ein großer Teil der Internetnutzer startet ihre Produktsuche nicht mehr über Google, sondern direkt bei Retailern wie Amazon, Zalando und Co. Mit Retail Media wollen Brands sicherstellen, dass sie ihre Käufer:innen mit ausgeprägtem Kaufinteresse direkt am Point of Sale – also auf den Websites und Apps ihrer Handelspartner –  erreichen.

  1. Das Leben nach der „Cookiecalypse“: Targeting mit First-Party Daten

Auch Google wird künftig kein Tracking mit Third-Party Cookies mehr unterstützen. Es müssen also Alternativen her. Eine dieser Alternativen bietet Retail Media durch die Bereitstellung von First-Party-Daten. Denn wer sich auf einer Shopping-Seite umschaut, gibt aufgrund des Suchverhaltens jede Menge Daten preis, die Marken für das Targeting ihrer Zielgruppe verwenden können und die von Onlinehändler:innen bereitgestellt werden.

  1. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser: Hohe Messbarkeit von Retail Media

Die Vielzahl von Transaktionsdaten, über die Retailer verfügen, ermöglicht es ihnen, umsatzbasierte Insights zu liefern. Unternehmen und Brands können damit ihre Ausgaben mit E-Commerce-Sales bis hinunter auf die Ebene von einzelnen Produkten verknüpfen. Einige Einzelhändler stellen sogar Offline-Verkaufsdaten zur Verfügung, um einen umfassenderen Einblick in die Customer Journey zu erhalten.

Vorteile und Herausforderungen

Die wesentlichen Vorteile von Retail Media lassen sich kurz und knackig so zusammenfassen: Retail Media umgeht das Third-Party-Data Problem, das Targeting ist dank First-Party-Data der Retailer aber immer noch möglich. Die Werbung wird außerdem direkt am Point of Sale platziert und Werbetreibende können die Sichtbarkeit ihrer Marke im „digitalen Schaufenster“ erhöhen. Retail Media ermöglicht außerdem personalisierte Inhalte und Angebote, die die Kundenerfahrung verbessern und die Ads für die Kund:innen relevanter macht. Durch Transaktionsdaten können umsatzbasierte Insights geliefert werden, die den Werbetreiben die Erfolgskontrolle erleichtert.

Das schnelle Wachstum der Retail Media Networks bringt jedoch Herausforderungen für Marken mit sich. Jedes Netzwerk hat unterschiedliche Anforderungen, wodurch es für Werbetreibende wie aufwendig wird, maßgeschneiderte Inhalte für jede Plattform zu erstellen. Das Fehlen von Standardisierung und proprietären Messdaten seitens der Retailer erschwert zudem die Bewertung der Kampagnenleistung. Branchenorganisationen wie das Interactive Advertising Bureau und das Path to Purchase Institute starteten bereits Initiativen, um Messstandards festzulegen und Entscheidungsfindung im Bereich Retail Media Werbung zu unterstützen.

Kurz und knapp: Trotz der potenziellen Vorteile für Einzelhändler und Marken erfordert die mangelnde Konsistenz und Standardisierung in der Kategorie Retail Media immer noch eine vorsichtige Ausgabenpolitik und einen Fokus auf die gezielte Ansprache bestimmter Kundensegmente.

Zum Schluss – ein Gedicht

Fazit: Retail Media hat das Potential das Marketing zu revolutionieren, indem es gezielte Werbung am Point of Sale ermöglicht. Mit zunehmender Nutzung von E-Commerce und der Bedeutung von First-Party-Daten bietet Retail Media eine effektive Lösung für Werbetreibende. Trotz der Herausforderungen im Bereich der Standardisierung bleibt es ein vielversprechender Ansatz, um die Kundeninteraktion zu verbessern und den Erfolg von Kampagnen zu steigern.

Und zum Schluss – wie versprochen – ein Gedicht zu Retail Media (Credits gehen an ChatGPT 😊)

In the realm of retail, there’s a trend to see,
It’s called Retail Media, let me explain it to thee.
Advertising where customers make their buys,
In online shops and marketplaces, it lies.

Brands and retailers collaborate in this space,
Utilizing platforms and data to embrace.
Sponsored products, ads strategically placed,
Optimizing online presence with finesse.

Visibility grows, reaching customers in stride,
With first-party data, the target is spied.
Retail Media elevates brands to new heights,
Driving engagement and sales, the future looks bright.

 

Quellen
Criteo. (2020, Juli 15). Was zum Teufel ist Retail Media? Ein Leitfaden von Criteo und Digiday. Abgerufen 27. Mai 2023, von https://www.criteo.com/de/blog/was-zum-teufel-ist-retail-media/
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Thäsler, K.-M. (Hrsg.). (2023). Out-of-Home-Kommunikation: Von der Technik über Gestaltung bis zur Werbewirkung und ROI-Messung – mit vielen Beispielen. Wiesbaden: Springer Fachmedien. http://doi.org/10.1007/978-3-658-38119-6
 

 

Autorin: Laura Borovansky schließt im Sommer 2024 ihr Masterstudium „Digital Marketing & Kommunikation“ an der FH St.Pölten ab.

 

 

 

Autorin: Barbara Klinser-Kammerzelt FH St. Pölten FH-Dozentin im Bachelor Marketing & Kommunikation, Master Digital Marketing & Kommunikation Lehrgangsleitung Werbung & Markenführung

 

 

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