Mit Klang eine emotionale Beziehung aufbauen, Anker zur Wiedererkennung schaffen,
Botschaften kommunizieren und ein Image vermitteln und festigen: All das versteckt sich in dem Begriff „Sound Branding“ oder Synonymen wie Audio-Branding, Sonic Branding, Acoustic Branding, Sound Identity, Acoustic Identity, Markenklang oder Corporate Sound. Mit dieser Thematik beschäftigen sich Freya Ebert und Sophie Ganahl, Studierende des Bachelorstudiums Marketing und Kommunikation der Fachhochschule St. Pölten.
Es war einmal vor langer Zeit …
Die Anfänge von Sound Branding existieren vermutlich, seitdem der Mensch lernte Klang herzustellen, auch wenn die Begrifflichkeiten erst später folgten. Mit Glockenklang z.B. assoziieren wir je nach Einsatz unterschiedliche Gegebenheiten: im religiösen Kontext, als Wahrzeichen einer Stadt (so wie das Glockenspiel vom Westminster Palace in London), im Klang eines Musikinstruments oder in der Anwendung eines Weckers oder Schulglocken, durch deren Klang wir das Aufstehen und den Beginn oder das Ende einer Unterrichtsstunde wiedererkennen. Die Assoziationen von Fanfare-Klängen sind ebenso vielfältig. Bei antiken Völkern in Europa und Asien wurden Naturtrompeten für militärische Anlässe verwendet, im Mittelalter außerdem als musikalische Untermauerung für die Ankündigung von Feldherren und Königen und durch die Industrialisierung entstanden neue Klänge, wie z.B. der Morsecode. Es gibt etliche Beispiele, die demonstrieren, dass es Sound Branding schon lange gibt, auch wenn sich der Mensch zu damaligen Zeiten vielleicht nicht bewusst darüber war. Der Einsatz von Klang ist kein Trend, sondern ein sich stetig entwickelnder Prozess, der aufgrund heutiger Reizüberflutung eine Notwendigkeit geworden ist.
Sound im Branding: Warum Klänge länger im Gedächtnis bleiben
Beim Sound kommen Branding Marketingexpert*innen und Musiker*innen zum Einsatz, die sich mit dem Markenklang, also dem Klang innerhalb der Markenkommunikation, wie z.B. dem Radio, Internet oder dem Messeauftritt beschäftigen.
In einer Welt steigenden Mitbewerbs und Überflutung an Informationen besteht für Marken große Relevanz darin, sichtbar zu sein, dies meint auch die akustische Komponente. Der Effizienz von Klang und Ton liegen mehrere Aspekte zugrunde, wie z.B. die vegetativen Effekte, die der Aufmerksamkeit dienlich sind oder der Hörsinn, den wir im Gegensatz zum Sehen nicht im Stande sind zu steuern, was bedeutet, dass der*die Konsument*in schlichtweg nicht weghören kann.
Doch wie kann die Effizienz von akustischen Komponenten aus psychologischer Sicht erklärt werden? Informationen gelangen zunächst ins sensorische Gedächtnis, wo sie gefiltert werden. Werden sie als relevant eingestuft, gelangen sie ins Kurzzeitgedächtnis, wo bewusst mit ihnen gearbeitet wird. Wenn diese dort als interessant, wichtig oder emotional betrachtet werden, gelangen die Informationen mit größerer Wahrscheinlichkeit ins Langzeitgedächtnis. Bei Klängen erleben wir in etwa den gleichen Prozess, wenngleich Studien gezeigt haben, dass hier auch andere Gehirnnetzwerke aktiviert sind.
Aber wie klingt’s im digitalen Raum?
Dass Musik z.B. im Einzelhandel gezielt eingesetzt wird, ist heute keine Neuigkeit mehr – Aspekte wie Tempo, Lautstärke und Genre können den*die Konsument*in beeinflussen und beispielsweise eine längere Verweildauer unterstützen. Doch welche Effekte bringt der Sound im digitalen Raum, wie z.B. auf Websiten mit?
Durch die Verwendung von Audio auf der Website (z.B. B&O – https://senses.bang-olufsen.com/ oder amce studios – https://christmas.amce-studios.com/), kann dem*der Besucher*in ein multisensorisches Nutzererlebnis ermöglicht werden. Diese Stimulierung erhöht die Wahrscheinlichkeit, die Nutzungsdauer der*des Besuchers*in zu erhöhen und die Aufnahme von Informationen in kürzerer Zeit zu ermöglichen. Durch das Engagement der Nutzer*innen wird in weiterer Folge außerdem die emotionale Verbindung gestärkt.
Akustische Elemente können die Aufmerksamkeit der Nutzer*innen auf ein bestimmtes Element lenken, wodurch sie weiter durch die Seite geführt werden und aktivieren somit Neugierde. Klänge können auch für die gewünschte Informations- bzw. Emotionsvermittlung hilfreich sein, indem man durch diese bestimmte Gefühle auslösen kann (z.B. spielerische Hintergrundmusik, die energetisiert oder beruhigende Klänge). Akustische Elemente können so also Interaktionen der Nutzer*innen beeinflussen, sie durch Erlebnisse führen oder durch emotionale Verbindungen einen Anker zur Wiedererkennung schaffen.
Zwischen Harmonie und Dissonanz: Die Herausforderungen
In Zeiten der Globalisierung ist es gerade für internationale Marken äußerst schwierig, ein weltweit funktionierendes Sound Branding zu entwickeln, da die auditive Gestaltung stark von den musikalischen und klangästhetischen Traditionen sowie den kulturellen Einflüssen der jeweiligen Region abhängt. Bestimmte Klänge und Musikstile, die in einer Kultur intuitiv verstanden werden, können in anderen Kulturen missverständlich oder unverständlich wirken. Gleichzeitig darf aber die Wiedererkennbarkeit der Marke nicht verloren gehen. Der Klang sollte zur Marke passen, dabei jedoch berücksichtigen, dass zu häufige Wiederholungen zu Ermüdung führen und dadurch die angestrebte Einzigartigkeit verloren geht.
Auch der Kontext spielt eine entscheidende Rolle. Die Wirkung von Klängen hängt stark vom Umfeld ab. Im digitalen Raum etwa entfalten sie oft nicht die gleiche Stärke wie in physischen Räumen, was präzises Timing und eine durchdachte Platzierung erfordert. Deshalb muss die akustische Markenstrategie anpassungsfähig sein, um auf verschiedenen Touchpoints und in einem sich schnell wandelnden technologischen Umfeld nahtlos zu funktionieren. Künstliche Intelligenz bietet zwar neue Möglichkeiten für Sound Branding, birgt aber das Risiko, unnatürliche oder austauschbare Ergebnisse zu liefern. Hier ist eine Balance zwischen technischer Innovation und emotionaler Wirkung gefragt. Sound Branding ist ein langfristiges Projekt und es wird erfolgreich, wenn Klänge nicht nur Aufmerksamkeit erzeugen, sondern auch nachhaltig Vertrauen schaffen.
Ethik!
Die Musikindustrie bietet Marken die Möglichkeit, maßgeschneiderte Soundstrategien zu entwickeln, die auf individuelle Kaufentscheidungen abzielen. Marken müssen dabei aber sicherstellen, dass ihre Taktiken nicht zu einer unzulässigen Manipulation führen. Besonders im digitalen Zeitalter, in dem KI zunehmend eingesetzt wird, stellt sich die Frage nach der Verantwortung und Transparenz beim Einsatz solcher Technologien.
Im Zusammenhang mit der Verantwortung von Marken beim Einsatz von Sound Branding ist es entscheidend, die moralischen Implikationen zu berücksichtigen. Ethik im Sound Branding geht über die Frage hinaus, wie Marketingziele erreicht werden, sondern umfasst auch, wie das Vertrauen der Konsument*innen geschützt wird. Es gilt eine Balance zwischen erfolgreicher Markenkommunikation und der Wahrung der Autonomie der Konsument*innen zu finden, indem vermieden wird, dass wiederholte Klänge oder bestimmte auditive Reize die Entscheidungsfreiheit der Menschen einschränken oder sie unbewusst beeinflussen.
Der Sound der Zukunft
Marken kreieren heute nicht nur Klänge und Töne, sondern erschaffen ganze Hörerlebnisse. Studien zeigen, dass 74% der Menschen die Persönlichkeit einer Marke besser verstehen, wenn Musik und Klänge eingesetzt werden. Die Branche verändert sich ständig und dies sind einige Trends und Innovationen, die man besser nicht verpassen sollte:
AI Audio Tools = wertvolle Helfer: Cloudbasierte KI-Systeme ermöglichen eine messbare Steuerung der akustischen Markenführung und verbessern die Effizienz durch Content-Generatoren. Diese Technologien helfen bei der Analyse und Optimierung von Sound Branding-Strategien.
Immersive Audioerlebnisse: Mit den neuesten Technologien lassen sich 3D-Audioumgebungen schaffen, die Nutzer*innen in eine fesselnde Klanglandschaft eintauchen lassen und man somit eine tiefere Verbindung zu ihnen aufbauen kann.
Verhaltensbasiertes Audio Branding: Psychoakustische Erkenntnisse helfen Marken, Audioelemente zu entwickeln, die gezielt Emotionen wecken, Verhalten beeinflussen und einzigartige akustische Identitäten schaffen.
Kulturelle Relevanz und Lokalisierung: Ein kulturell relevantes und lokalisiertes Audio-Branding ist unerlässlich und eine Marke kann ihre Akzeptanz nur steigern, wenn sie sich den kulturellen Gegebenheiten anpasst.
Social Audio: Apps wie Clubhouse und Stereo bieten Unternehmen die Möglichkeit, in direkten Dialog mit ihrer Zielgruppe zu treten und ihre Markenpräsenz akustisch zu stärken.
Interaktivität: Moderne Technologien ermöglichen es, dass Hörer*innen direkt auf Audiomarketing reagieren können, sei es durch Sprachbefehle oder interaktive Elemente in Apps.
Personalisierung: Algorithmen und maschinelles Lernen ermöglichen es, Audionachrichten auf individuelle Vorlieben und Verhaltensweisen zuzuschneiden.
Mit der Weiterentwicklung der digitalen Welt wird Klang immer wichtiger für die Markenbildung. Marken, die in eine klare und unverwechselbare akustische Identität investieren, heben sich nicht nur hervor, sondern schaffen tiefere Verbindungen zu ihrem Publikum.
Ein paar Beispiele zum Reinhören:
- Telekom: https://www.youtube.com/watch?v=R6f5yS67AdA
- McDonald’s: https://www.youtube.com/watch?v=JDX0cryX8t0
- Hornbach: https://www.youtube.com/watch?v=huLoeTR-wak
- Netflix: https://www.youtube.com/watch?v=GV3HUDMQ-F8
Quellen
Buch Quellen:
Bronner, K. & Hirt, R. (Hrsg.). (2014). Audio-Branding: Entwicklung, Anwendung, Wirkung akustischer Identitäten in Werbung, Medien und Gesellschaft (3. Aufl.). Nomos Verlagsgesellschaft.
Kastner, S. (Hrsg.). (2008). Klang macht Marken: Sonic Branding als Designprozess. Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-8349-9651-0
Steiner, P. (2018). Sound Branding: Grundlagen Akustischer Markenführung (3rd ed). Gabler. (S. 101-110)
Online Quellen:
Barmer. (o. D.). Wie Musik unsere Erinnerungen weckt. https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/koerper/ohren/musik-erinnerungen-1135164
Black Panther Marketing. (o.D.). Musik in der Verkaufspsychologie. https://www.blackpanther-marketing.com/post/musik-in-der-verkaufspsychologie
DEV.co. (o.D.). Unleashing the Potential of Audio in Web Design. https://web.dev.co/blog/audio-in-web-design#:~:text=Types%20of%20Audio%20Elements%20in%20Web%20Design&text=It%20sets%20the%20tone%20for,that%20otherwise%20would%20seem%20static.
Autorin: Sophie Ganahl ist Studentin im Bachelorstudiengang „Marketing & Kommunikation“ an der FH St.Pölten.
Autorin: Freya Ebert ist Studentin im Bachelorstudiengang „Marketing & Kommunikation“ an der FH St.Pölten.
Autorin: Barbara Klinser-Kammerzelt FH St. Pölten FH-Dozentin im Bachelor Marketing & Kommunikation, Master Digital Marketing & Kommunikation Lehrgangsleitung Werbung & Markenführung
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