Der durchschnittliche CO2-Verbrauch pro Person in der Europäischen Union beträgt acht Tonnen pro Jahr. Neben den Ausstößen von privaten Einzelpersonen, tragen auch Unternehmen in diversen Formen zur Erzeugung von CO2 bei. Die Bedeutung von Nachhaltigkeit steigt somit in fast allen Lebensbereichen stetig an. Unter anderem wird das Thema Klimaschutz immer häufiger in wirtschaftliche Themen miteinbezogen. In Sachen Medien betrifft dies nicht nur die Herstellung und den Vertrieb von Produkten, sondern auch die Kampagnenplanung und Mediasteuerung an sich. Denn jährlich werden mehrere hunderttausend Tonnen an CO2-Emissionen im Rahmen von Werbekampagnen ausgestoßen. Dies ist eine Handlungsaufforderung für die Werbebranche in Sachen Klimaschutz. Die Transparenz in Sachen Umweltschutz ist dabei eine Grundvoraussetzung für eine klare Kommunikation der tatsächlich kompensierten Emission. Mittlerweile gibt es mehrere Ansätze der CO2-Reduktion für Unternehmen und Agenturen, wie beispielsweise den Green GRP.
Schwerpunkt Nachhaltigkeit
Der Begriff der Nachhaltigkeit wird immer häufiger in den Mittelpunkt von Diskussionen gestellt. Während man ihn im Alltagsgebrauch vor allem mit Langlebigkeit und Umweltschutz in Verbindung bringt, bezieht sich eine nachhaltige Entwicklung auf den verantwortungsbewussten Umgang mit begrenzten Ressourcen und die Schaffung eines stabilen Gleichgewichts. Laut dem Global Carbon Project (GCP) steigt der weltweite CO2-Ausstoß jährlich immer weiter an. Zwar kann durch diverse Umweltschutzmaßnahmen eine Verlangsamung der Emissionsgeschwindigkeit festgestellt werden, Fakt ist jedoch, dass die Ausstoßzahlen weiter ansteigen. Sowohl für Unternehmen also auch für Privatpersonen muss es das Ziel sein, Treibhausemissionen zu reduzieren.
Klimaneutralität im Marketing
Das Thema Klimaschutz gewinnt auch im Marketing immer weiter an Bedeutung, wobei sich das beschlossene Konzept von Klimaneutralität seit dem Kyoto-Protokoll von 1997 kaum verändert hat. Bezugnehmend dazu müssen entstandene CO2-Emissionen mit Einsparungsmaßnahmen an einem zweiten Ort neutralisiert werden, damit ein Ausgleich der entstandenen Umweltbelastung geschieht. Um einen tatsächlichen Ausgleich zu ermöglichen, müssen in einem ersten Schritt die geplanten beziehungsweise ausgestoßenen Emissionswerte kalkuliert und gemessen werden. In einem nächsten Schritt können anschließend Vermeidungsstrategien und angemessene Ausgleichmaßnahmen für jene Ausscheidungen recherchiert werden. Für den Fall, dass die Verschmutzungen und Verbrauchswerte nicht vermieden werden können, ist es zulässig, diese Emissionen über ausgewählte und anerkannte Klimaschutzprojekte auszugleichen. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die selektierten Projekte nachweislich zur Reduktion oder Einsparung von CO2 beitragen. Es gilt prinzipiell zu differenzieren, ob es sich bei einem Projekt und einer Kampagne tatsächlich um eine nachhaltige Kampagne handelt, oder doch Greenwashing betrieben wird. Denn viele Marken streben aufrichtig nach Maßnahmen für den guten Zweck, ob nun mit pro bono Aufträgen für wohltätige Organisationen oder den Beitrag an Umweltprojekten. Auch in der Mediaplanung wird die Thematik immer relevanter und es gibt Ansätze für mehr Nachhaltigkeit.
CO2 Emissionen im Werbemarkt
Jährlich werden Investitionen von mehreren Milliarden Euro am deutschen sowie österreichischen Werbemarkt getätigt. Im Jahr 2020 waren es in Österreich mehr als fünf Milliarden Euro, welche für Werbekampagnen ausgegeben wurden. Durch all diese Kampagnen fallen in sämtlichen Bereichen Emissionen von mehreren hunderttausenden Tonnen CO2 an. Diese belaufen sich beispielsweise auf die Produktion und Logistik im Printbereich, sowie die Ausstrahlung und den verbrauchten Strom auf TV- oder Elektronikgeräten und die Ausstrahlung digitaler Werbemittel auf diversen Geräten. Grundsätzlich haben elektronische Mediengattungen den höchsten Energieverbrauch. Bei Printmedien fallen alleine zwei Drittel der Ausstöße für das Bedrucken von Papier an, was im Kleinformat einer Auflage von 100.000 Stück von Tageszeitungen CO2-Ausstöße von mehr als 3.900 kg verursacht. An zweiter Stelle der Emissionsgiganten in der Werbung stehen TV-Produktionen mit rund 980 kg Ausstoß. Das Medium Radio erzeugt im Durchschnitt in etwa 57kg CO2 für einen 20-Sekunden-Spot mit einer Reichweite von einer Millionen Bruttokontakten.
Abbildung 1: CO2 Emissionen im Werbemarkt (Quelle: NicoElNino/iStock)
Diese Emissionen können jedoch durch klimaneutrale Werbung ausgeglichen werden. Denn wer in klimaneutrale Produkte investiert, leistet einen Beitrag zum Klimaschutz. Partner:innen wie ClimatePartner ermöglichen die Berechnung der entstehenden Emissionswerte einer Kampagne entlang der Prozesskette, welche nicht zu vermeiden sind und bieten Kund:innen die Möglichkeit, diese durch die Beteiligung an anerkannten Klimaschutzprojekten auszugleichen. Dies ermöglicht Verbraucher:innen die Entscheidung für den Klimaschutz bewusst zu treffen.
Green GRP
Um ihren Kund:innen die Möglichkeit zu bieten, den CO2-Ausstoß ihrer jeweiligen Werbekampagnen zu kompensieren, hat die Agentur Mediaplus gemeinsam mit ClimatePartner und den Medienpartner:innenn RMS Austria, ProSiebenSat.1 Puls 4, IP Österreich, ORF-Enterprise, Mediaprint, Servus TV, DerStandard, Infoscreen, Goldbach Austria und Epamedia das Modell des „Green GRPs“ entwickelt. Dabei werden die Emissionen individuell nach Werbedruck und Medienkanal der Kampagne berechnet. Die Summe der Ausstöße wird aufgerechnet mit zertifizierten Umweltschutzprogrammen ausgeglichen, um einen Beitrag für eine grüne Zukunft zu leisten. Somit macht Mediaplus die Emission von Kampagnen mess- und kompensierbar. Durch die Übermittlung von Leistungswerten wie der Auflage, die verwendeten Formate und der Kontaktzahl berechnet ClimatePartner den Ausgleich anhand eines von Kund:innen selektierten Umweltschutzprojektes. Im Gegenzug wird Werbekund:innen das Label „Klimaneutrale Werbekampagne“ zur Verfügung gestellt. Die Berechnung der kampagnenverbundenen Verschmutzungswerte basiert auf wissenschaftlichen Datenbanken und Primärdaten der Medienpartner:innen. Der ursprüngliche Erfolg wie der Return on Investment oder Awareness bleiben jedoch weiterhin Hauptfokus von klimaneutralen Kampagnen. Die Berechnung des Green GRPs wird erst nach der herkömmlichen Erstellung des Mediaplans vorgenommen. Dies geschieht unabhängig von den eingesetzten Vermarktern und Werbezielen. Die tatsächlichen Ausgaben für den Green GRP belaufen sich im Durchschnitt bei unter einem Prozent des eingesetzten Mediabudgets. Leichte Variationen gibt es beispielsweise bei Online-Display Kampagnen bei ca. 0,7 Prozent, bei Radio etwa 0,1 Prozent und bei TV bei ungefähr 0,2 Prozent des Kampagnenbudgets. Die Kompensation kann vorab ins Budget einkalkuliert werden und den jeweiligen Kund:innen als Kostenpunkt verrechnet werden. Nach der Entscheidung der Kund:innen zum Ausgleich der CO2-Emissionen mittels Green GRP übernimmt ClimatePartner die Abwicklung der Beisteuerung des ausgewählten Klimaschutzprojektes. Dabei können Unternehmen derzeit zwischen drei verschiedenen Projekten auswählen. Die Schutzprojekte werden sowohl international wie beispielsweise für ein Wasserkraftprojekt im Virunga Nationalparkt oder saubere Kochöfen in Ruanda, wie auch national für ein regionales Projekt mit dem Naturpark Karwendel ausgewählt. Die Beiträge zur Emissionsreduktion belaufen sich dabei zwischen 13 und 19 Euro pro verbrauchter Tonne CO2 der Kampagne. Die dargestellten Werte dienen als Richtwerte für die tatsächlichen Kosten, welche nach dem genauen Berechnungsverfahren leicht abweichen können. Sie sollen jedoch dabei helfen, die Höhe der Investitionen für Unternehmen zur Klimaneutralisierung einer Kampagne besser abschätzen zu können. Die Bedeutung und Aktualität der Thematik wird auch durch das Klimaprojekt der Agenturgruppe GroupM und myclimate verstärkt. Gemeinsam wurde ebenso eine Initiative für klimaneutrale Werbung ins Leben gerufen.
Abbildung 2: Green GRP als Initiative für klimaneutrale Werbung
Klimaneutrale Pioniere
Ein Musterbeispiel für grüne Kampagnenplanung kommt aus dem Hause Vodafone. Der deutsche Konzern bezieht in Europa seit Juli 2021 seinen Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen. Darin inkludiert sind Mobilfunk- und Festnetz, Rechenzentren, Einzelhandel und Büros. Mit Maßnahmen wie luftreinigenden Plakaten und einem TV-Roadblock setzt der Telekommunikationskonzern ein Zeichen für Umweltschutz. In Zusammenarbeit mit Admosfy wurde ein klimaneutraler Mediaplan erstellt. In Zuge dessen wurden umweltfreundliche Werbemittel und -maßnahmen wie beispielsweise Riesenposter aus luftfilternder Membran verwendet. Im eingesetzten TV-Spot geht es einerseits darum, was Konsument:innen tun können, um sich für die Umwelt einzusetzen, als auch um den Abverkauf von Vodafone Produkten. Neben dem TV-Spot wurden auch Printanzeigen, Hörfunkspots und Online-Werbemittel in die Kampagne eingebunden. Zusätzliche wurde eine luftreinigende Außenwerbungsserie in mehreren deutschen Städten installiert, welche Verschmutzungen aus der Luft filtern und Abgas-Stickoxide verringern. In Punkto Kundenmailing wurde Samenpapier verwendet, in welches Gänseblümchen-Samen eingebaut wurden und welches sich nach Gebrauch einpflanzen lässt. Durch das Verwenden von Versandhüllen aus recyceltem Papier seit Juli 2021 spart das Unternehmen laut eigenen Angaben „Holz im Gewicht von knapp 900 Elefanten und 190.000 Ladungen Badewannenwasser sowie auch ein Stromkontingent einer Kleinstadt mit 600.000 Einwohner:innen“. Die entstandenen CO2 Emissionen aller Kampagnenbestandteile wurden am Ende an klimafreundliche Projekte beziehungsweise alternativ in den Kauf von CO2-Zertifikaten investiert.
Prinzipiell fallen CO2-Emissionen überall an, wo Werbemittel produziert und vervielfältigt werden. Unabhängig davon, ob dies digital oder gedruckt geschieht. Komplette Emissionsfreiheit ist darum nicht möglich. Dies unterstreicht die Wichtigkeit der Thematik daran zu arbeiten, umfassende Klimaschutzstrategien zu entwickeln und an der Vermeidung und Reduktion von CO2-Ausstößen zu arbeiten. Wird der Emissionsausgleich als durchgängiger Prozess verstanden, bei dem in regelmäßigen Abständen der Fußabdruck erhoben und Maßnahmen zur Reduktion entwickelt werden, lässt sich die Höhe der Emissionen als Ganzes großflächig reduzieren. Dank Initiativen wie dem Green GRP gibt es Lösungsansätze, die Emissionen in den Bereichen von Print, Digital, Bewegtbild, Audio und Außenwerbung zu berechnen und zu neutralisieren. Ein bloßes Freikaufen der verursachten Verschmutzungen könnte jedoch berechtigt als Greenwashing abgestempelt werden. Transparenz, Expertise und Einsatz der jeweiligen Unternehmen sind demnach die Eckpfeiler einer klimaneutraleren Kampagne.
Autorin: Anna Mühlburger Studentin des Bachelor Studiengangs Marketing & Kommunikation
Autorin: Barbara Klinser-Kammerzelt
FH St. Pölten
FH-Dozentin im Bachelor Marketing & Kommunikation, Master Digital Marketing & Kommunikation Lehrgangsleitung Werbung & Markenführung
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