Mehr als nur Female Shift

Mehr als nur Female Shift
11. Oktober 2014 Marketing Natives

Die Medien sind voll damit, alle reden darüber und trotzdem tut sich kaum etwas auf der Front: the Female Shift, die steigende Relevanz von Frauen in der Wirtschaft. Die berufliche Position von Frauen ist aber ein Medaille mit zwei Seiten. Die eine erzählt die Geschichte von Business-Frauen, die an der Spitze von Unternehmen stehen, ihren Traum verwirklichen, einen tollen Job machen und top bezahlt werden. Die andere Seite zeigt den Gender-Pay-Gap, gläserne Decken und die ewige Vereinbarkeitsdebatte. Stellt sich nur die Frage: Welche Seite siehst du?

Gleichstellung bedeutet nicht Gleichbehandlung

Keine Frage, im Vergleich zu fünfzig, hundert oder mehr Jahren, hat sich die Position der Frau innerhalb der Gesellschaft wesentlich geändert. (Ich sage bewusst nicht gebessert, denn diese Auslegung überlasse ich euch.) In Österreich erhielten die Frauen 1918 das aktive und passive Wahlrecht und somit auch die offizielle geistige Gleichstellung zu Männern. Das ist keine hundert Jahre her! (mehr Infos dazu hier und hier) Auch der Zugang zum Hochschulstudium entwickelte sich in Österreich erst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Dennoch gab es noch lange getrennte Bildungs- und Berufswege für Männer und Frauen; typische Frauenjobs standen typischen Männerjobs gegenüber. Dabei waren letztere immer besser bezahlt und anerkannt. Erst in den 1970er Jahren regelte das Gleichbehandlungsgesetz diesen Missstand. Bis heute ist der Gender-Pay-Gap jedoch spür- und messbar. Nach wie vor sind Frauen im Job Benachteiligungen ausgesetzt: sie verdienen weniger, haben geringere Aufstiegschancen und arbeiten häufiger unter ihrer Qualifikation.

Karriere oder Kind?

Eine relativ neue Entwicklung in der modernen Gesellschaft ist die Tatsache, dass Frauen für ihr Mutterdasein nicht mehr auf ihren Job verzichten (wollen). Warum sollten Sie auch? Sie haben vermutlich lange dafür die Schulbank gedrückt und viel Schweiß und Arbeit in ihre Karriere investiert. Während sich das Bild der berufstätigen Frau damit viel facettenreicher zeigt als früher, hat sich das Bild des Mannes kaum verändert. Ein leidiger, aber gut bekannter Nebeneffekt ist die Vereinbarkeitsfrage von Beruf und Familie – und diese Frage wird immer noch, leider, nur in Verbindung mit Frauenarbeit gestellt. Das zeigen nicht nur die aktuellen Daten zur Väterkarenz, sondern auch unsere alltägliche Wahrnehmung des “real life”. (Interessante Texte dazu gibt es auf karriere.at, derstandard.at und beim Joanneum.) Demenstprechend gibt es gesellschaftliche Tendenzen zu immer älteren Erstgebärenden und immer mehr Frauen, die keine Kinder haben (wollen).

Unbestritten bleibt, dass Frauen sich immer noch mehr um Kinder und Haushaltsführung kümmern, als Männer und somit auf zwei Baustellen gleichzeitig arbeiten (müssen). Damit das irgendwie gelingt, braucht man Organisation, Improvisation, externe Hilfe (Krippe, Kindergarten, Großmütter u.Ä.) und meistens auch Teilzeitarbeit, was wiederum zu geringerem Einkommen und finanzieller Abhängigkeit führt.

Auf der anderen Seite…

Nun mag die ganze Situation sehr schwarz erscheinen. (Wahrscheinlich ist sie das auch und damit appelliere ich an alle Frauen, sich nicht das Gegenteil einreden zu lassen.) Aber, und das ist wichtig, es zeigen sich Entwicklungen, die mich persönlich positiv stimmen.

Es gibt sie, die Frauen, die es geschafft haben und Führungspositionen einnehmen und gleichzeitig Mutter und Partnerin sind. Besonders im Marketing- und Kommunikationsbereich zeigen sich viele “weibliche Eigenschaften” als wahre Bereicherung für die gesamte Branche. Auch meine Mini-Interviews mit unseren SpeakerInnen zeigen, dass die Mehrheit von ihnen sagt, dass Frauen nicht grundsätzlich etwas besser im Job machen, aber sie machen einiges anders und das schafft einen nicht von der Hand zu weisenden Mehrwert.

Eine andere Tendenz, und mein eigentlicher Hoffnungsträger, sind die Kinder dieser ersten vollzeitarbeitenden, gestressten und doppelbelasteten Frauen: die Generation Y. In Kombination mit anderen, parallel verlaufenden gesellschaftlichen Entwicklungen, haben Sie einen Standpunkt eingenommen, der grundsätzlich alles hinterfragt. Dazu gehören Rollenbilder, Lebensphilosophien und Arbeitseinstellungen gleichzeitig. Sie wollen sich nicht entscheiden müssen zwischen Dingen, die ihnen gleichermaßen wichtig sind. Sie wollen ihr Leben so zusammenstellen, wie es ihnen am besten passt. Sie wollen keine vorgestampften Pfade wandern, sondern eigene Wege zu eigenen Zielen finden. Ein starres System passt da nicht hinein.

Als Mitglied dieser Generation kann ich den Vorwurf des Egoismus nicht mehr hören. Wir sind nicht egoistisch! Wir sind empathisch, zielgerichtet, flexibel, global, lokal, ängstlich und mutig zugleich und wir sind bereit für das einzustehen, was uns wichtig ist. Mit Blick auf die täglich wachsenden Gefahren dieser Welt (seien es Kriege, Krankheiten, Krisen) und die immer geringere Vorhersagbarkeit, konzentrieren wir uns auf das Wesentliche. Wir wollen heute ein erfülltest Leben haben, denn wir sind uns nicht sicher, ob es uns und die Welt da draußen morgen noch geben wird. Dass der Weg zu unseren Zielen nicht leicht sein wird, ist klar. Dennoch sehe ich sehr viele, die bereit sind ihn dennoch zu gehen.

More than female, it’s human.

Was hat das alles mit “Female Shift” zu tun? Vieles. Die Generation Y führt den female zu einem human shift. Der Beruf wird wie der Alltag menschlicher. Er wird weiblicher, facettenreicher, unvorhersehbarer, sprunghafter, gefährlicher, individueller, einzigartiger. So wie jeder von uns einzigartig ist, so werden auch die Probleme und die Lösungen von morgen einzigartig und flexibel sein müssen. Der female shift hat nicht nur die Entwicklung der “weiblichen Gesellschaftshälfte” vorangebracht, er hat geholfen die ganze gesellschaftliche Entwicklung auf eine höhere Ebene zu bringen. Mal sehen, wohin die Reise geht.

Wie seht ihr das?

The Community for Young Marketers in Austria. Join us!